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Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 15.02.2006
Aktenzeichen: 3 Ws 552/05
Rechtsgebiete: StPO
Vorschriften:
StPO § 51 Abs. 1 |
KAMMERGERICHT Beschluss
Geschäftsnummer: 3 Ws 552/05 1 AR 1296/05
In der Strafsache gegen
wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
hat der 3. Strafsenat des Kammergerichts in Berlin am 15. Februar 2006 beschlossen:
Tenor:
Die Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 21. Juni 2005 wird verworfen.
Der Verurteilte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe:
Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin hat den damaligen Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, die Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt und auf bestimmte Zeit eine Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis angeordnet. Das Landgericht hat seine Berufung - inzwischen rechtskräftig - mit der Maßgabe verworfen, dass es die Freiheitsstrafe durch eine Geldstrafe ersetzt hat. Im Kostenpunkt hat es ihm die Verpflichtung auferlegt, die Kosten des Berufungsverfahrens und die ihm insoweit entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Das Berufungsurteil stützt sich erkennbar auf die Bekundungen der an der zugrunde liegenden Verkehrskontrolle beteiligt gewesenen Zeugin F. Der Angeklagte hat von seinem Recht, nicht zur Sache auszusagen, Gebrauch gemacht. Im ersten Termin zur Verhandlung über die Berufung, am 5. Oktober 2004, hat sich das Landgericht auf das Ausbleiben der Zeugin F. hin veranlasst gesehen, die Hauptverhandlung auszusetzen. Die Berufungsverhandlung konnte erst in einem neuen Termin am 18. November 2004 durchgeführt werden, in dem die Zeugin zur Verfügung stand. Das Ausbleiben der Zeugin F. im Termin am 5. Oktober 2004, die ihn nach ihrer Mitteilung per Telefax vom selben Tage "verpasst" hat, ist von Seiten des Gerichts für sie folgenlos geblieben.
Der Verurteilte will erreichen, dass 617,70 Euro an Anwaltskosten, die ihm nach seiner Berechnung - einschließlich Mehrwertsteuer - durch das vergebliche Erscheinen vor Gericht in Begleitung seines Verteidigers am 5. Oktober 2004 erwachsen sind, nicht zu seinen Lasten gehen, sondern der ausgebliebenen Zeugin F. als der Verursacherin auferlegt werden. Er hat durch Schreiben seines Verteidigers vom 11. Dezember 2004 beantragt, seine notwendigen Auslagen aufgrund der Hauptverhandlung am 5. Oktober 2004 in Höhe von 617,70 Euro der Zeugin F. aufzuerlegen. Nach der Klärung, dass das - zunächst als sofortige Beschwerde gegen die Auslagenentscheidung des Berufungsurteils behandelte - Begehren der Sache nach einen in die Entscheidungszuständigkeit des Landgerichts fallenden Antrag darstellt, der Zeugin nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StPO die durch ihr Ausbleiben verursachten - im Einzelnen dann im Festsetzungsverfahren nach § 464b StPO zu bestimmenden - Kosten aufzuerlegen, hat das Landgericht mit dem angefochtenen Beschluss darüber entschieden. Es hat den Antrag zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete zulässige Beschwerde des Verurteilten bleibt ohne Erfolg.
Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden.
Der Senat vermag dem Landgericht allerdings nicht in seiner Rechtsansicht zu folgen, dass der Antrag unzulässig ist, weil der Verurteilte sein Begehren mit der - wegen Fristablaufs nicht mehr möglichen - Anfechtung der Kosten- und Auslagenentscheidung des Urteils hätte geltend machen müssen. Dem Rechtsanspruch (vgl. BayVerfGH JR 1966, 195, 197) des Angeklagten darauf, durch einen Beschluss nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StPO von den Kosten freigestellt zu werden, die durch nicht genügend entschuldigtes Ausbleiben eines ordnungsgemäß geladenen Zeugen entstehen, kann auch noch nach Ergehen des Urteils - und nach Ablauf der Frist für die Anfechtung der Kostenentscheidung - durch einen entsprechenden Gerichtsbeschluss Genüge getan werden. Er reicht allein für sich als Grundlage für die Kostenentlastung aus. Denn nach gewandelter Rechtsauffassung bedarf es, um im Umfang der Belastung des Zeugen als Angeklagter entlastet zu werden, nicht eigens einer Einschränkung der Kostentragungspflicht in der Urteilsformel, weshalb auch keine dahingehende Ergänzung der Kostenentscheidung des Urteils verlangt werden kann und die auf solche Ergänzung zielende sofortige Beschwerde gegen die Kostenentscheidung selbst bei rechtzeitiger Einlegung sogar unzulässig wäre (vgl. BGHSt 43, 146, 148, unter Aufgabe von BGHSt 10, 126; OLG Dresden NStZ-RR 2000, 30, 31; KG, Beschluss vom 30. Mai 2002 - 4 Ws 143/01 -; Meyer-Goßner, StPO 48. Aufl., § 465 Rdn. 4). Die in einem Gerichtsbeschluss nach § 51 Abs. 1 Satz 1 StPO geregelte Kostenfolge tritt neben die Kostenentscheidung des Urteils und ergänzt sie. Der Kostenausspruch des Urteils gegen den Angeklagten trägt schon die Beschränkung auf die Verfahrenskosten, die nicht durch einen Gerichtsbeschluss einem Dritten auferlegt worden sind, in sich.
Dem Antrag, der Zeugin F. durch gerichtlichen Ausspruch die durch ihr Ausbleiben am 5. Oktober 2004 verursachten Kosten aufzuerlegen, kann aber aus einem anderen Grunde als von dem Landgericht angenommen nicht entsprochen werden.
Eine derartige Belastung des ausgebliebenen Zeugen setzt seine ordnungsgemäße Ladung voraus. Dazu gehört nach § 48 StPO, dass diese unter Hinweis auf die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens - darunter eben auch die hier in Rede stehende Kostenfolge - geschieht. Dass die Zeugin F. unter Vornahme eben dieses Hinweises geladen worden ist, lässt sich nicht feststellen. Ausweislich der Akten (Beschwerdeband Bl. 132-134) ist sie zu dem Termin am 5. Oktober 2004 per Telefax vom 10. August 2004 geladen worden, das an ihre Polizeidienststelle in Hamburg gesendet worden ist. Es umfasste ohne das - nur Adressen- und Datenangaben enthaltende - Vorblatt zwei Seiten. Die eine bestand aus einem - nicht eigentlich zur Ladung zugehörigen - Schreiben des Strafkammervorsitzenden vom 5. August 2004 mit der Bitte an die Zeugin um bestimmte nähere Angaben. Die andere enthielt die eigentliche Ladung in Gestalt der mit allen wesentlichen Daten zu Zeit und Ort des Vernehmungstermins versehenen Vorderseite des gebräuchlichen Ladungsvordrucks StP 211. Sie enthielt unten als letzten Satz eben noch die Aufforderung: "Bitte lesen Sie unbedingt die Hinweise auf der Rückseite, damit Ihnen vermeidbare Nachteile erspart bleiben." Die Rückseite mit den Hinweisen selbst, darunter demjenigen auf die gesetzlichen Folgen des unentschuldigten Ausbleibens, ist aber nicht mit übermittelt worden. Andernfalls hätte die im Vorblatt ausgewiesene Seitenzahl ohne Vorblatt auch nicht nur "2", sondern "3" gelautet.
Daran, dass aufgrund des Fehlens des Hinweises nach § 48 StPO, die Ladung nicht als ordnungsgemäß behandelt und demzufolge die Zeugin nicht mit den Kosten ihres Ausbleibens belastet werden kann, ändert es nichts, dass es sich bei ihr um eine Polizeibeamtin handelt. Obwohl bei ihr als solcher aufgrund der Ausbildung und der - wenn auch angesichts des Lebensalters von 28 Jahren am Terminstag 18. November 2004 noch nicht besonders langen - Berufspraxis vorausgesetzt werden kann, dass sie die gesetzlichen Folgen des Ausbleibens ohnehin kannte, sieht das Gesetz für einen solchen Fall doch keine Ausnahme von der Hinweispflicht vor (vgl. KG, Beschluss vom 13. November 2000 - 4 Ws 200/00 - Juris, betreffend pensionierten Polizeibeamten).
Die Kosten seiner nach alledem erfolglosen Beschwerde hat der Verurteilte nach § 473 Abs. 1 Satz 1 StPO zu tragen.
Ende der Entscheidung
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